
Bach-Archiv
Am 21. März 2025 wäre der Komponist Johann Sebastian Bach 340 Jahre alt geworden. Das Bach-Archiv Leipzig, das heute in Form einer Stiftung besteht, wiederum feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen und das dazugehörige Bach-Museum gibt es seit 40 Jahren. Diese Jubiläen haben wir zum Anlass genommen, um mit Bach-Archiv-Direktor Prof. Dr. Peter Wollny über wertvolle Objekte, die Musikstadt Leipzig über das Nachklingen des Lebenswerkes von Bach zu sprechen.

© Bachfest Leipzig/Jens Schlüter
Das Bach-Archiv wurde 1950 gegründet mit dem Ziel, das umfangreiche Quellenmaterial zu Bachs Leben und Wirken zentral zu erfassen und die kostbaren Musikhandschriften zu sammeln. Sie unterhalten auch das Bach-Museum in Leipzig. Auf welches Stück sind Sie besonders stolz und warum?
Ich bin besonders stolz darauf, dass es im Jahr 2017 gelungen ist, Bachs eigenhändige Partitur seiner Kantate „O Ewigkeit, du Donnerwort“ (BWV 20) nach 100 Jahren nach Leipzig zurückzuholen. Dieses großartige Werk hat Bach 1724 als Eröffnungsstück seines Choralkantaten-Jahrgangs komponiert, mit dem er ein neues Kapitel der Leipziger Musikgeschichte aufgeschlagen hat. Nach Bachs Tod trat die Partitur ihre lange Reise an: 1917 wurde sie von Henri Hinrichsen (dem Inhaber des Musikverlags C. F. Peters) erworben und der Stadt Leipzig gestiftet. Bis 1945 verblieb die Handschrift in der Musikbibliothek in Leipzig. Henri Hinrichsens Sohn Walter war in den 1930er Jahren in die USA ausgewandert. Angesichts der Verbrechen der Nazis an der Familie Hinrichsen forderte er das Autograph 1945 von der Stadt zurück und brachte es nach New York, wo er lebte. Mit der großzügigen Unterstützung zahlreicher Menschen und Institutionen sowie Mitteln aus öffentlicher Hand konnte ich den geforderten Kaufpreis von zwei Millionen Euro aufbringen.
Im „Bach-Jahr“ 2000 war Leipzig das Zentrum der klassischen Musikwelt. Was ist von dieser Euphorie 25 Jahre später in der Stadt geblieben?
Die Anziehungskraft der Musik- und Bach-Stadt Leipzig hat sich seit 2000 eher noch verstärkt. Dafür ist das Bachfest verantwortlich, aber auch die kluge Kulturpolitik der Stadt. Unser Publikum ist zudem von den beiden Hauptwirkungsorten Bachs ‒ der Thomaskirche und der Nikolaikirche ‒ begeistert, weil die Aufführungen hier eine besondere Authentizität und viel Atmosphäre besitzen. Sodann genießt unser Forschungsteam in Fachkreisen, aber auch bei vielen Bach-Freund*innen große Attraktivität, weil man hier über jeden Aspekt der Bach-Forschung Auskunft erhalten kann. Und schließlich lässt sich in unserem Bach-Museum mit seinen schönen Ausstellungen und dank eines ausgeklügelten pädagogischen Angebots viel über Bachs Zeit und Lebenswirklichkeit lernen. Wir verzeichnen mittlerweile in jedem Jahr neue Besucherrekorde.
Wieso ist das Werk Johann Sebastian Bachs heute noch relevant? Wie kann man gerade junge Menschen für Bach begeistern?
Bachs Musik ist zeitlos. Ihre Komplexität schreckt nicht ab, sondern bietet höchst unterschiedliche Zugänge. Man hat zurecht von einem Bedeutungsüberschuss gesprochen. Das scheint dauerhaft attraktiv zu sein und vermittelt Sinn und Halt. Auch junge Menschen fühlen sich spontan angesprochen. Wir fördern dies auf verschiedene Weise: In unserem Museum gibt es pädagogische Programme, die sich an Schulklassen wenden; wir sprechen gezielt Kinder verschiedener Altersstufen an, die wir gemeinsam mit Musiklehrkräften entwickeln und durchführen. Im Bachfest bieten wir speziell für junge Menschen gestaltete Konzerte an. Und die Forschungsabteilung hat spezielle Outreach-Projekte entwickelt.
Über den Gesprächspartner

Prof. Dr. Peter Wollny ist Direktor des Bach-Archivs Leipzig.
Über das Bach-Archiv
Das Bach-Archiv Leipzig feiert im Jahr 2025 den 75. Jahrestag seiner Gründung. Heute ist es das musikalische Kompetenzzentrum am Hauptwirkungsort Johann Sebastian Bachs. Sein Zweck ist, Leben, Werk und Wirkungsgeschichte des Komponisten und der weit verzweigten Musikerfamilie Bach zu erforschen, sein Erbe zu bewahren und als Bildungsgut zu vermitteln. Das Bach-Archiv ist Mitglied der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen und gehört zu Deutschlands „Kulturellen Leuchttürmen“. Es zählt laut einer von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erstellten Studie zu den „wichtigsten gesamtstaatlich bedeutsamen Kultureinrichtungen“ in den neuen Bundesländern.
Mehr Informationen: Bach-Archiv
Termine
»Meilensteine der Bach-Forschung« Sonderausstellung im Bach-Museum Leipzig
21. März bis 23. November 2025
Seit 75 Jahren werden am Bach-Archiv Leipzig die Werke Johann Sebastian Bachs und seiner Familie systematisch gesammelt und erforscht. Die Jubiläums-Ausstellung führt in die packende Welt der Bach-Forschung.
www.bachmuseumleipzig.de
Bachfest Leipzig 2025 »Transformation«
12. bis 22. Juni 2025
Das Bachfest Leipzig 2025 findet vom 12. bis 22. Juni statt und beleuchtet Transformationsprozesse im Schaffen Johann Sebastian Bachs. Es erklingen Werke, die Bach selbst einem faszinierenden Umformungsprozess unterwarf, die er im Stil diverser europäischer Klangvorlieben schuf und auch Kompositionen Dritter, die er neu arrangierte. Spannende neue Konzertformate ordnen sich ebenfalls unter dem Dach des Festival-Mottos ein.
www.bachfestleipzig.de
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