Beim Stiftungsjubiläum ist die Story entscheidend
Stiftungsjubiläen richtig feiern: Es muss nicht immer der klassische Sektempfang sein. Ein Kurzfilm, eine Zeitungsbeilage oder andere mediale Formate bieten Stiftungen weitaus mehr Möglichkeiten, anlässlich eines Jubiläums mitreißend von ihrem gesellschaftlichen Wirken zu erzählen. Positiver Nebeneffekt: So erreicht man auch neue Zielgruppen.
Manche Anlässe zum Feiern sucht man sich aus, andere fallen einem zu. Jubiläen gehören in die zweite Kategorie. Früher oder später kommt jede Stiftung in die Situation, dass eine runde Zahl am Horizont ganz automatisch den Eindruck von Bedeutsamkeit erweckt: der 40. Jahrestag der Stiftungsgründung, der 150. Geburtstag der Stifterin, die 20-jährige Dauer eines besonderen Förderprojekts.
Stiftungsjubiläen kein Selbstläufer - über Kommunikationsziele klarwerden
Die Zahl allein macht dabei noch kein Fest, liefert aber einen Aufhänger zur Selbstbefragung: Ist das Jubiläum relevant für unsere Stiftungsidentität? Soll es öffentlichkeitswirksam inszeniert werden? Welche Ressourcen haben wir dafür? Und reicht eine kleinere Aktion, oder braucht es die ganz große Party mit Sektempfang?
Wie unterschiedlich man ein Jubiläum aufziehen kann, haben in diesem Sommer mehrere Stiftungen gezeigt, die runden Geburtstag feiern: Die Robert Bosch Stiftung (60 Jahre) richtete eine Feier mit Impulsvorträgen und Musik am Standort Stuttgart aus, während die Ernst von Siemens Kunststiftung (40 Jahre) mit einem Fest im Garten ihres Magnus-Hauses an der Berliner Museumsinsel einen etwas lockereren Rahmen wählte. Die Heinz Sielmann Stiftung (30 Jahre), die sich im Artenschutz engagiert, lud in ihren Natur-Erlebniszentren in Brandenburg und Niedersachsen zu besonderen Aktionstagen ein. Und die Bürgerstiftung Halle (20 Jahre) stieß mit ihren Unterstützer*innen aus der Stadtgemeinschaft bei einem Sommerfest an.
Bürgerstiftung Halle: Appell an den Gemeinschaftssinn einer Stadt
In Halle lautet das Jubiläumsmotto „Feiern mit Freunden“. Die Bürgerstiftung hat in ihrer Rolle als Gemeinschaftsstiftung mehr als 700 Stifter*innen – deutlich mehr als andere Stiftungen, die häufig nur das Vermögen einer einzelnen Person verwalten. All diese Menschen sollten sich von der Aktion zum Jubiläum angesprochen fühlen, nicht nur städtische VIPs, die bei solchen Events sonst häufig im Fokus stehen. Die Stadt Halle befindet sich politisch und wirtschaftlich in keiner einfachen Lage, und die Entwicklungen der nächsten Jahre sind entsprechend ungewiss. Da sind Zuversicht säende, gemeinschaftsbildende Events wie die Jubiläumsfeier der Bürgerstiftung im Kulturzentrum Volkspark umso wichtiger. Die Botschaft: Wir halten zusammen und bleiben im Gespräch.
Im Zuge der Festvorbereitung habe sich ihr Team viele Begebenheiten aus 20 Jahren Stiftungsarbeit neu in Erinnerung gerufen, die schon fast vergessen waren, sagt Ulrike Rühlmann von der Bürgerstiftung. Man sei bei der Recherche erstaunt gewesen, was man schon alles auf die Beine gestellt habe. Highlights wie das erfolgreiche Mehrgenerationenprojekt „Eine Stadt tanzt“ wurden für die Jubiläumsfeier als Chronik visualisiert auf Stellwänden präsentiert. Einerseits unterhaltsam, andererseits eine Zuschaustellung von Erfolgen, die strategisch sinnvoll ist. Denn in Zukunft wird die Bürgerstiftung mehr als sowieso schon auf private Zustiftungen und Spenden angewiesen sein – in der aktuellen politischen Lage wäre es riskant, sich allein auf Gelder der öffentlichen Hand zu verlassen.
Heinz Sielmann Stiftung: Konkrete Erfolgstory für Artenschutz und Biodiversität kommuniziert
Die nach dem berühmten Tierfilmer benannte Heinz Sielmann Stiftung hat ihren 30. Geburtstag ebenfalls zum Anlass genommen, der Öffentlichkeit noch einmal anschaulicher als sonst vor Augen zu führen, wie ihr Engagement für Artenvielfalt und Biodiversität aussieht – und warum diese Arbeit erfolgreich ist. „Ein Teil unserer Jubiläumsvorbereitung bestand darin, konkrete Zahlen zusammenzutragen“, sagt Pressesprecher Florian Amrhein. Ein Kollege konnte erstmals ermitteln, dass in den von der Stiftung gepflegten Landschaften und Biotopen bisher 7.700 Arten nachgewiesen wurden, darunter allein 1.220 Schmetterlingsarten. In einem Naturpark in der Döberitzer Heide bei Berlin wurden 130 Wisente angesiedelt – die größte Herde dieser Art in Deutschland.
Diese Zahlen und weitere Berichte finden sich übersichtlich aufbereitet in einer aufwendig konzipierten Jubiläumszeitung, die in den Natur-Erlebniszentren der Sielmann Stiftung ausliegt und zudem als Anzeigenbeilage in verschiedenen Tageszeitungen vertrieben wurde. Man habe sich für das klassische Medium der Zeitung entschieden, weil dieses anders als ein Mailing oder digitales Angebot auch mal weitergegeben werde, so Amrhein. Das Know-how für Text und Layout war in der Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung vorhanden, daher konnte die zwölfseitige Publikation komplett inhouse produziert werden. Spezifische Fundraising-Ziele waren mit der Jubiläumszeitung nicht verbunden, doch die begeisterten Rückmeldungen zeigen, dass die positiven, hoffnungsvollen Botschaften zu den gemeinsam erzielten Erfolgen im Naturschutz sowohl im Spenderkreis der Stiftung als auch bei einem größeren Publikum verfangen.
Ernst von Siemens Kunststiftung: Objekte als Aufhänger für faszinierende Geschichten
Für das Kommunikationsmittel Jubiläumszeitung hat sich auch die Ernst von Siemens Kunststiftung entschieden, sie hat damit aber noch ein größeres Rad gedreht. Mit der Produktion wurde in diesem Fall die Kommunikationsabteilung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beauftragt. Deren Redaktion entwickelte für die Samstagsausgabe der F.A.Z. eine zehnseitige Verlagsspezial-Beilage, genug Platz, um sowohl historische Geschichten über den Stifter Ernst von Siemens zu erzählen als auch Einblicke in die Gremien und das gewandelte Profil der Stiftung in den vergangenen Jahren zu geben. Im Mittelpunkt stehen allerdings auch hier keine trockenen Fakten, sondern zwei Erfolgsstorys aus dem aktuellen Jubiläumsjahr: die Rückführung einer lange vermissten Rubens-Ölskizze nach Gotha und der Ankauf einer Bronzefigurine der Bildhauerin Camille Claudel für die Alte Nationalgalerie in Berlin.
„Man kann Öffentlichkeit nur über Projekte gewinnen“, sagt Martin Hoernes von der Ernst von Siemens Kunststiftung. Seiner Erfahrung nach reicht ein runder Geburtstag für sich genommen noch nicht aus, um eine durchschlagende Medienwirkung zu erzielen. Dies habe ihm auch die Presseagentur, die er kürzlich für die Jubiläumskommunikation der Kunststiftung anfragte, gleich vorweg gespiegelt: „Oh Gott, Jubiläen sind ganz schwierig, darüber berichtet keiner!“ Es geht aber eben doch. Bei einer geschalteten Anzeigenbeilage wie auch bei einer klassischen PR-Kampagne besteht die Kunst guter Öffentlichkeitsarbeit darin, einen thematischen Aufhänger zu finden, der aus sich selbst heraus Interesse weckt.
Unternehmensverbundene Robert Bosch Stiftung schafft Identität nach innen
Andererseits: Vielleicht muss die Ansprache der Öffentlichkeit auch nicht das primäre Ziel jedes Jubiläums sein. In großen Stiftungen kann es ebenso gute Gründe dafür geben, sich auf die Kommunikation nach innen oder auf besondere Stakeholder zu konzentrieren. So hat es die Robert Bosch Stiftung getan. Ihre Aktionen zum Sechzigjährigen sind besonders auf die Mitarbeitenden des Bosch-Technologiekonzerns zugeschnitten, der zu 94 Prozent der Stiftung gehört. Viele von ihnen hätten bisher nicht so genau gewusst, was die Mutterstiftung eigentlich so mache, sagt Kommunikationsleiterin Kerstin Lohse-Friedrich. Hier habe man sich auf verschiedene Weise um Klärung bemüht, zum Beispiel mit der LinkedIn-Aktion #BoschStiftung60, bei der Alumni, Geförderte und Partner sowie Stiftungsmitarbeitende persönliche Erfahrungen und Anekdoten teilen. Als verbindender Identitätsmarker wurde ein abgewandeltes Logo mit einer bunten 60 designt, das in E-Mail-Signaturen auftaucht und auf Blöcken und Kugelschreibern wie auch an den Unternehmensgebäuden in Berlin und Stuttgart für einen ständigen visuellen Kontaktpunkt mit dem Jubiläum sorgt.
Nach innen wie außen möchte die Robert Bosch Stiftung insbesondere deutlich machen, wo ihr Engagement in der Gegenwart einen Unterschied macht. Ein Beispiel ist die Ukraine-Förderung. „Als der russische Krieg begann, hatten wir uns im Zuge eines Strategieprozesses eigentlich gerade aus der Förderung einzelner Länder zurückgezogen“, so Lohse-Friedrich. „Da die Stiftung aber jahrzehntelang in Osteuropa aktiv gewesen war, war es ein großes Anliegen, in dieser besonderen Zeit dem Land zu helfen“ – und zwar nicht nur Nothilfe zu leisten, sondern die ukrainische Zivilgesellschaft beim Wiederaufbau ihres Landes in den nächsten Jahren zu unterstützen. Mehr über diese wegweisende Entscheidung und ähnliche Meilensteine geht aus einer Zeittafel auf der Stiftungswebsite sowie einem eigens zum Jubiläum produzierten Kurzfilm hervor.
Fazit
Wer sich all diese verschiedenen Formen von Stiftungsgeburtstagen vor Augen hält, erkennt: „Das“ Best-Practice-Jubiläum gibt es nicht. Es gibt viele Möglichkeiten zu feiern, viele Ansätze und Medien, die man sich zunutze machen kann. Gemeinsamer Nenner ist meist eine Kombination aus Storytelling- und Communitybuilding-Strategie. Stiftungen haben erkannt, dass sie sich hiermit einem größeren Publikum zuwenden können als bei einem traditionellen Festakt – und dass diese Nahbarkeit ein nachhaltiger Gewinn für sie sein kann. Während Geburtstage kommen und gehen, wirken durchdacht inszenierte Jubiläen noch lange nach.
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