• Drei Fragen an ...

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS)

Im Wahlkampf spielen Bildungs-, Jugend- und Familienpolitik kaum eine Rolle, ärgerte sich Anne Rolvering, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) kürzlich auf LinkedIn über die zunehmende Verengung auf Asyl-, Flüchtlings- und Migrationspolitik. „Dabei sichern diese Themen die Zukunft unseres Landes und müssen – gerade in diesen turbulenten Zeiten – als Bausteine einer resilienten Gesellschaft und starken Demokratie dringend mehr Aufmerksamkeit bekommen.“ Wir haben mit ihr über Teilhabe, Demokratie und Mut gesprochen.  

© DKJS/J. Erlenmeyer & N. Götz
3 Minuten 19.02.2025

Mehr als 40 Prozent der Wahlberechtigten am 23. Februar zählen zur Generation 60 plus. Welche Auswirkungen hat das auf die Mitgestaltungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen?

In einer älter werdenden Gesellschaft ist die Gefahr groß, dass die Interessen der Kinder und Jugendlichen immer weniger mitgedacht werden. Schon jetzt fühlen sich zunehmend  mehr junge Menschen machtlos und nicht gehört. Immer mehr schreiben Verantwortung ganz pauschal „den Politikern“ zu, wie die aktuelle Sinus Jugendstudie 2024 deutlich zeigt. Die konstruktive, motivierende und zutiefst demokratische Perspektive, dass ich mich auch als Einzelperson informieren, mitreden und selbst etwas verändern kann, teilen immer weniger Jugendliche.

Wenn sich aber junge Menschen nicht ernst genommen fühlen, der Politik immer weniger vertrauen und keine positiven Beteiligungserfahrungen machen, nutzen das demokratiefeindliche Kräfte, um auf Stimmenfang zu gehen.

Diese Gemengelage fordert unsere Demokratie heraus und sorgt für eine Verschiebung der demografischen Kräfte, die es dringend nötig macht, Demokratie viel näher in den Lebensalltag junger Menschen zu holen, sie hautnah zu erleben und unsere Bildungsorte zu Orten der Demokratie und des Demokratieerlebens zu machen.

Gerade in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Spaltung und extremistischer Tendenzen rückt Demokratieförderung stärker in den Fokus. Wie können Kinder und Jugendliche für eine demokratische Gesellschaft begeistert werden?

Ich habe drei konkrete Wünsche an Gesellschaft, Politik, Bildungsverwaltung und Bildungsorte:

  • Wir müssen junge Menschen – ihre Sorgen, Ängste, Wünsche und Ideen – ernst nehmen. Dafür brauchen sie Räume, um ihre Meinungen zu äußern. Erwachsene Begleiter*innen müssen sie dabei unterstützen und bestärken, ihre Perspektiven zu formulieren. Entscheider*innen und Akteur*innen aus der Bildungspraxis sollten die Meinungen und Perspektiven von Kindern und Jugendlichen kennen und diese in ihre Entscheidungsprozesse mit einbeziehen, um deren Interessen stärker zu vertreten.
  • Bildung und Teilhabe darf nicht abhängig sein von Herkunft und Geldbeutel der Eltern. Das ist ungerecht und unglaublich demotivierend für junge Menschen. Um das nachhaltig zu ändern, brauchen wir dringend mehr Aufmerksamkeit für Bildungs-, Jugend-, und Familienpolitik und eine große Qualitätsoffensive für die Lern- und Lebensorte unserer Kinder, vor allem dort, wo Kinder- und Jugendliche in Risikolage aufwachsen.
  • Bildungs- und Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, Beteiligung muss strukturell und auf allen Ebenen verankert werden, und das Demokratiefördergesetz muss Institutionen und Orte des Demokratielernens- und -lebens absichern.

Auf dem Deutschen Stiftungstag 2025 in Wiesbaden sind Sie mit einer Veranstaltung zum Collective Impact – also zu strategischen Kooperationen wichtiger Akteur*innen aus dem Feld – in der Stiftungspraxis vertreten. Inwiefern passt das gut zum DST-Thema „Mutig machen“?

Die gesellschaftlichen Herausforderungen – ob Bildungsungerechtigkeit, zukunftsfeste Demokratie, gesellschaftlicher Zusammenhalt, alternde Gesellschaft, Klimawandel - sind hochkomplex und die dafür notwendigen Lösungsansätze können nur systemische sein. Keine Einzelorganisation kann dies allein lösen. Mich treibt daher die Fragen um, wie wir klare und einheitliche Ansätze finden, gemeinsame Ziele definieren und Ressourcen sowie Perspektiven der verschiedenen Akteur*innen sinnvoll bündeln. Nur so können wir Fragmentierung und Vereinzelung vermeiden, unsere Stärken lösungsorientiert und handlungsmutig zusammenlegen.

Über die Gesprächspartnerin
© DKJS / Stefanie Loos

Anne Rolvering ist Vorsitzende der Geschäftsführung der DKJS.

 

 

Über die Stiftung

Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung hat sich große Ziele gesetzt: Alle jungen Menschen in unserem Land sollen gut aufwachsen und in eine lebenswerte Zukunft hineinwachsen. 

Wir wollen eine gerechte, demokratische und vielfältige Gesellschaft für die heutige und die kommenden Generationen. Eine Gesellschaft, die Kinder und Jugendliche mitgestalten und die ihnen Perspektiven eröffnet. Eine Gesellschaft, in der alle das Recht auf Bildung und Teilhabe wahrnehmen. Eine Gesellschaft, in der das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht.

Zusammen mit Menschen und Institutionen gestaltet die DKJS seit über 30 Jahren gute Bildung: an Kitas, Schulen, im Sozialraum oder in Kommunen. Wir setzen uns dafür ein, dass jedes Kind von Anfang die beste Förderung erhält und alle Jugendlichen sichere Wege in den Beruf finden. Und wir sorgen dafür, dass junge Menschen mitreden, ihr Umfeld und unsere Gesellschaft mitgestalten und sich beteiligen können. Mit bundesweit elf Standorten sind wir nah an den Menschen und ihren Themen. Gemeinsam mit Bund und Ländern, zivilgesellschaftlichen und privaten Partner*innen verwirklichen wir Programme lokal, regional und national. Unsere Arbeit überprüfen wir systematisch mit Monitoring und Evaluationen.

Mehr Informationen: DKJS - Deutsche Kinder- und Jugendstiftung

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