• Drei Fragen an ...

Stiftung Gedenken und Frieden

Achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nimmt „mancherorts das Gedenken ab, aber an vielen Orten entstehen neue Formen und Ideen, es werden neue Fragen gestellt, was uns die Toten der Kriege heute zu sagen haben. Das stimmt mich hoffnungsvoll, dass vielen Menschen heute bewusst ist, wie wertvoll Frieden ist“, so Dr. Peter Tauber, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Gedenken und Frieden. Sie wurde 2001 auf Initiative des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. gegründet. Mit Stiftungsreferent Dr. Dirk Richhardt haben wir über die Aktualität des Gedenkens und die Bedeutung der Stiftungsform gesprochen. 

Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung aus Siegen nehmen an einem Workshop unter dem Titel „Lebensgeschichten von Kriegstoten“ teil, der sie u.a. in die Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte Ysselsteyn führte.
Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung aus Siegen nehmen an einem Workshop unter dem Titel „Lebensgeschichten von Kriegstoten“ teil, der sie u.a. in die Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte Ysselsteyn führte.
© Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
3 Minuten 02.05.2025

Was war der Auslöser für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., die Stiftung ins Leben zu rufen? 

Auslöser für die Errichtung einer Stiftung mit Ewigkeitscharakter war das Ziel, die Arbeit des Volksbundes angesichts sinkender Mitgliederzahlen und rückläufiger Spenden dauerhaft zu sichern. Dazu wurde die Stiftung zunächst mit einem Grundstockvermögen von drei Millionen Euro ausgestattet, das bis heute auf 35 Millionen Euro angewachsen ist. Mit ihren jährlichen Ausschüttungen leistet die Stiftung neben den weiterhin zahlreich engagierten Spenderinnen und Spendern des Volksbundes und den jährlichen Zuwendungen des Auswärtigen Amtes einen wichtigen Beitrag zu Pflege und Erhalt der weltweiten Kriegsgräber- und Gedenkstätten, zur Jugend- und Bildungsarbeit des Volksbundes sowie zur Gestaltung der Erinnerungskultur in Deutschland und Europa.

Sie ermutigen Menschen zu Zustiftungen unter dem Dach Ihrer Stiftung. Was ist das Besondere an diesem Modell – insbesondere in Bezug auf das Gedenken?

Der ehemalige Präsident des Europäischen Rates, Jean-Claude Juncker, hat einmal gesagt: „Wer an Europa zweifelt, sollte Soldatenfriedhöfe besuchen.“ An diesem Zitat setzt die Arbeit der Stiftung an. Denn: Kriegsgräberstätten als außerschulische Lernorte für junge Menschen zu erhalten und zu fördern, ist eine besondere Aufgabe, der wir uns gemeinsam mit unseren zahlreichen Stifterinnen und Stiftern widmen. In den vergangenen Jahren hat die Stiftung weit über 1.000 Anträge für Bildungs- und Schulprojekte bewilligt und damit Ausflüge und Klassenfahrten zu Gedenkstätten der Weltkriege ermöglicht. Insofern sind Zuwendungen an die Stiftung Gedenken und Frieden eine nachhaltige Investition in eine friedensfördernde Schul- und Jugendarbeit. Die Stiftung Gedenken und Frieden unterhält neben Spenden und Stiftungsfonds auch neun Treuhandstiftungen. Das Besondere daran ist, dass die Stifterinnen und Stifter ihre Treuhandstiftung mit einem individuellen Namen und einer eigens formulierten Satzung versehen können. Wer seine Stiftung in die Obhut der Stiftung Gedenken und Frieden gibt, ist von allen Risiken (Kapitalerhalt) und Verpflichtungen (Vermögensverwaltung) befreit, auch für die satzungsgemäße Verwendung der Mittel wird Sorge getragen. 

Als Stiftung Gedenken und Frieden vereinen sie diese beiden Aspekte: Die Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft sowie die Versöhnungsarbeit. Wie passt das zusammen und wie passt das in die heutige Zeit?

Lautete das Motto des Volksbundes lange Zeit „Versöhnung über den Gräbern“, so wird es heute ergänzt durch „Arbeit für den Frieden“. Beides spiegelt den Bedeutungswandel der Kriegsgräberstätten in den vergangenen Jahrzehnten wider. Sie sind nicht mehr in erster Linie Orte der Trauer und der Zusammenkunft von Angehörigen, sondern sie dienen dazu, zu mahnen, Wissen zu vermitteln und sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. In der heutigen Zeit, die von erodierenden politischen Nachkriegsverhältnissen und europaweit durch erstarkende neue Nationalismen geprägt zu sein scheint, in der das Geschichtsbewusstsein gerade bei jungen Menschen schwindet, können Kriegsgräberstätten eine wichtige Funktion übernehmen und Schülerinnen und Schüler, Auszubildende oder Studierende unmittelbar mit den schrecklichen Folgen von Krieg und Gewalt konfrontieren. Die zentrale Rolle des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, und damit auch der Stiftung Gedenken und Frieden, für die Versöhnungsarbeit im In- und Ausland wird auch im jüngst vereinbarten Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ausdrücklich hervorgehoben. 

Wenn Stefan Zweig schreibt, dass Kriege und gewaltsame Formen der Konfliktlösung so alt sind wie die Geschichte der Menschheit, dann heißt das für uns, anzuerkennen, dass Kriege immer möglich sind, auch wenn wir in Deutschland am 8. Mai 2025 auf 80 Jahre Frieden zurückschauen können. Die Kriegsgräberstätten zeigen uns zwar, dass der zeitliche Abstand zwischen uns heute und den Weltkriegen von gestern immer größer wird. Aber kann uns das beruhigen? Wenn wir in die Ukraine oder nach Russland blicken, sehen wir, dass die geografische Distanz zu den Kriegen von heute abnimmt. Dort werden im Hier und Jetzt wieder neue Soldatenfriedhöfe ausgehoben. Es ist wichtig, dorthin zu schauen und darüber nachzudenken, was mit diesen Begräbnisstätten gemacht wird: Es sind Orte der erschreckenden Aktualität. All das zeigt uns, dass es nach wie vor wichtig ist, sich als Gesellschaft an Kriegsgräberstätten zu versammeln und über die Bedingungen des Friedens nachzudenken, ihn zu erhalten oder auch wiederherzustellen. Denn 80 Jahre in Frieden zu Leben ist schön, aber noch lange nicht genug. 

Über den Gesprächspartner
© Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.

Dr. Dirk Richhardt koordiniert als Stiftungsreferent die Geschäfte der Stiftung in der Bundesgeschäftsstelle des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. in Niestetal bei Kassel. 

 

 

Über die Stiftung Gedenken und Frieden

Die Stiftung Gedenken und Frieden wurde 2001 auf Initiative des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. gegründet und betreut heute neun Treuhandstiftungen sowie zahlreiche Zustiftungen und Stiftungsfonds. Mit ihrer Arbeit leistet die Stiftung einen dauerhaften Beitrag zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und setzt sich für den Frieden unter den Völkern und die Achtung der Würde und Freiheit des Menschen ein.  

Mehr Informationen: Stiftung Gedenken und Frieden

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