• Drei Fragen an ...

Stiftung Warentest

96 Prozent der Deutschen kennen die Stiftung Warentest, viele vertrauen bei Kaufentscheidungen auf ihr Urteil. Aber auch die bekannteste Stiftung Deutschlands muss mit der Zeit gehen, um relevant zu bleiben.

2 Minuten 14.10.2024

Die Stiftung Warentest wurde vor 60 Jahren von der damaligen Bundesregierung ins Leben gerufen und feiert in diesem Jahr Jubiläum. Worauf sind Sie besonders stolz? 

Besonders stolz sind wir natürlich auf alle Verbesserungen, die wir im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher durch unsere Testarbeit erzielt haben. Ein wirklich herausragendes Beispiel ist für mich, dass Autokindersitze heute über einen Seitenaufprallschutz verfügen, und zwar deshalb, weil wir in unseren Tests nachgewiesen haben, dass sonst Kleinkinder bei Verkehrsunfällen sterben können. Auch die inzwischen bestehende Pflicht für Banken, ihre Geschäftsbedingungen ganz transparent im Internet zu veröffentlichen, resultiert aus einem unserer Tests. Damit haben Verbraucherinnen und Verbraucher eine ganz andere Entscheidungsbasis, wie und wo sie ihr Geld anlegen möchten. Das ist unsere Wirkung nach außen. Betrachtet man unsere eigene Entwicklung, so ist es für uns als Organisation ganz zentral, dass wir das Stiftungskapital aufbauen konnten und so wirklich komplett unabhängig sind. Zuvor haben wir ja noch jährliche Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt bekommen. Die neue Unabhängigkeit unterstützt unsere neutrale Position in jede Richtung, auch in Richtung der Politik. Auch das werten wir als großen Erfolg der Stiftung.

96 Prozent der Deutschen kennen die Stiftung Warentest. Damit sind Sie mit Abstand die bekannteste Stiftung Deutschlands. Gleichzeitig haben Sie ein eher stiftungsuntypisches Geschäftsmodell, da die Erträge aus Ihrem Stiftungskapital nur zehn Prozent Ihres jährlichen Budgets ausmachen. Welche Rolle spielt für Sie der Stiftungsgedanke und wie verbunden fühlen Sie sich dem Stiftungssektor in Deutschland? 

Der Stiftungsgedanke ist bei uns in der Organisation sehr präsent. Mit Stiftungen verbindet man Langlebigkeit und Stabilität, insofern sind die ersten 60 Jahre nur der Anfang. Auch die Gemeinnützigkeit spielt für uns eine wichtige Rolle, weil das bedeutet, dass wir nicht gewinnorientiert arbeiten müssen. Wir müssen wirtschaftlich arbeiten, aber wir müssen keine Aktionärinnen und Aktionäre glücklich machen oder keinen Verlag, der am Ende des Jahres eine bestimmte Rendite erwartet. Das ermöglicht uns, dass wir wirklich nur im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher agieren, und das ist ja unser satzungsgemäßer Auftrag. Anknüpfung an der Stiftungssektor haben wir hauptsächlich über den Bundesverband, weil wir hier Input bekommen, wie andere Stiftungen mit Fragestellungen umgehen, die wir im Haus auch haben: Wie kann man Stiftungskapital gut anlegen, so dass es zum Erhalt der Stiftung beiträgt? Oder Fragen, die sich im Umgang mit der Stiftungsaufsicht stellen. Da ist der Austausch mit anderen Stiftungen immer sehr wertvoll. 

Der Großteil Ihrer Einnahmen stammt aus dem Verkauf Ihrer Magazine „test“ und „Finanztest“ und den Einnahmen aus dem Logo-Lizenzsystem. Hat sich Ihr Geschäftsmodell inzwischen mehr ins Digitale verlagert? 

1991 haben wir mehr als eine Million Exemplare von „test“ verkauft. So eine riesige Reichweite hat der Stiftung Warentest natürlich Macht verliehen: Wenn wir Produkte mit „sehr gut“ oder auch mit „mangelhaft“ bewerten und damit so viele Menschen erreichen, hat das tatsächlich Auswirkungen darauf, wie Menschen konsumieren – und das hat dann wiederum wirtschaftliche Auswirkungen auf Unternehmen. Deshalb ist es für uns absolut entscheidend, dass wir relevant bleiben. Sonst hätten Unternehmen keinen Anlass mehr, auf unsere schlechten Testergebnisse zu reagieren und das wäre schädlich für uns alle. Aber wir spüren natürlich auch, dass die Printauflagen sinken. Um weiterhin wirkungsvollen Verbraucherschutz zu betreiben und alle Menschen gut zu informieren, müssen wir uns neue Kanäle erobern und ins Digitale gehen. Wir haben unser Internetportal test.de, wir haben Apps, mehrere Newsletter und wir sind auch auf Social Media aktiv. Im Moment ist Print bei uns zwar noch größer, aber Online wächst und wächst. Als ich bei der Stiftung im März 2020 angefangen habe, hatten wir knapp 60.000 Digital-Abos. Das haben wir in vier Jahren verdoppelt. Mittlerweile nehmen wir mit unseren Einnahmen über unser Internetportal test.de fast so viel ein wie mit Finanztest.

Über die Gesprächspartnerin
Julia Bönisch, Vorständin der Stiftung Warentest
Julia Bönisch, Vorständin der Stiftung Warentest
© Stiftung Warentest

Julia Bönisch ist seit 2024 Vorständin der Stiftung Warentest. Die frühere Digitalchefin der Süddeutschen Zeitung war bei der Stiftung seit 2020 für die digitale Transformation der Organisation und den Bereich Publikationen verantwortlich.

 

Über die Stiftung

Die Stiftung Warentest ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts, die 1964 vom deutschen Bundestag gegründet wurde. Sie prüft jedes Jahr mehr als 30.000 Produkte und Dienstleistungen nach wissenschaftlichen Methoden in unabhängigen Instituten und veröffentlicht die Ergebnisse in ihren Publikationen.

Mehr Informationen: www.test.de

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