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Niedrigzinsphase – Ende in Sicht?

Hohe Inflationsraten haben viele nationale Notenbanken zu drastischen Zinserhöhungen gezwungen – und damit die Kapitalmarktrenditen steigen lassen. Doch wie stehen die Chancen, dass diese Entwicklung anhält und Stiftungen endlich wieder auskömmliche Erträge erzielen können?

3 Minuten 08.11.2022
Autorin: Karin Kohler

Vor dem Hintergrund deutlich steigender Inflationszahlen haben die Notenbanken vieler industrialisierter Länder in diesem Jahr begonnen, ihre Leitzinsen zu erhöhen. Zwei der global wichtigsten Institute – die amerikanische Federal Reserve Bank (FED) und die Europäische Zentralbank (EZB) – haben in kürzester Zeit ihre Referenzzinssätze auf Niveaus gesteigert, wie sie zuletzt vor der Finanzkrise 2008 zu sehen waren. Solche Eingriffe beeinflussen auch die Kapitalmarktrenditen in erheblichem Maße: Auf globaler Ebene sind sie wieder auf teils attraktive Niveaus gestiegen. 

Eindämmung der Inflation 

Den Startschuss gab die FED bereits im Januar: Sie erhöhte ihren Referenzzins in mehreren großen Schritten auf eine Bandbreite von aktuell 3,75 bis 4,0 Prozent. Die EZB folgte mit einer ersten Erhöhung ein gutes halbes Jahr später und steigerte ihren Leitzins in drei Schritten auf derzeit 2 Prozent. Damit haben beide Institute die Konditionen am Kapitalmarkt in Form von steigenden Renditen für nahezu alle Laufzeiten deutlich angehoben. So sind beispielsweise die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen von rund -0,1 Prozent zu Jahresbeginn auf 2,1 Prozent bis Ende Oktober gestiegen – ein Niveau, das seit über zehn Jahren nicht mehr erreicht wurde.  

Für Stiftungen stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung steigender Renditen anhalten wird. Sollte dies der Fall sein, werden auf absehbare Zeit auch die Kupons von emittierten Anleihen und damit verbunden die ordentlichen Erträge wieder auskömmlichere Niveaus erreichen. Um diese Frage zu beantworten, sollen im Folgenden die Inflationserwartungen in Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Entwicklungen und der Geldpolitik, die daraus zu erwarten ist, beleuchtet werden.  

Das Dilemma der EZB 

Lange hat die Europäische Zentralbank den Anstieg der Verbraucherpreise als ein vorübergehendes Phänomen angesehen, das vor allem durch die Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie bedingt ist. Doch mittlerweile klettert die Inflation auf immer neue Höhen und verunsichert Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen. Mit dem zusätzlichen Energiepreisschock sind nun zweistellige Inflationsraten erreicht, und die Kritik an einer zu langsam agierenden Notenbank nimmt kein Ende. Die EZB steht jedoch vor dem großen Dilemma, dass sich die wirtschaftlichen Perspektiven deutlich eintrüben, die Rezessionswahrscheinlichkeit signifikant steigt und die Preise dennoch nicht sinken. Im Gegenteil droht für das vierte Quartal sogar ein weiterer Anstieg.  

Das Mandat der EZB verpflichtet sie dazu, so schnell und nachhaltig wie möglich wieder Preisstabilität zu erreichen. Die Geldpolitik kann Preise aber nicht direkt beeinflussen oder gar steuern. Stattdessen ändert sie über ihre verschiedenen Instrumente, wie beispielsweise den Leitzins, die Bedingungen für das Wirtschaftsumfeld und unterstützt so das Wachstum oder versucht es zu bremsen. So kann die EZB durch eine Straffung ihrer Geldpolitik konjunkturbelastende Effekte erzeugen und dadurch die Inflation verringern. Und genau diesem Ziel dienten die drei Zinserhöhungen auf aktuell 2 Prozent. Jedoch dürfte die Zentralbank mit Beginn des kommenden Jahres vorsichtiger agieren. Vor allem das Dilemma hoher Inflationsraten bei gleichzeitig steigender Rezessionsgefahr verringert ihren Handlungsspielraum.  

Die Erwartungen des Marktes 

Die Chefin der EZB Christine Lagarde hat betont, dass die aktuelle Geldpolitik der Notenbank noch immer expansiv wirke. Dies bedeutet, dass aus ihrer Sicht die Wirtschaft noch nicht ausreichend genug eingebremst wird, um inflationsdämpfend zu wirken. Jedoch verwies sie vor allem auf ihrer letzten Sitzung auch auf die zeitverzögerte Wirkung ihrer Geldpolitik. So wirken Zinssteigerungen erst mehrere Monate später auf die Wirtschaft und damit indirekt auf die Preisentwicklung. Damit hat Lagarde zwar die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen in den Raum gestellt, jedoch ein geringeres Tempo oder gar eine Pause im kommenden Jahr angedeutet.  

Derzeit werden an den Kapitalmärkten für das kommende Jahr noch weitere Zinsschritte erwartet. Jedoch sind diese Erwartungen bereits relativ hoch und die Wahrscheinlichkeit, dass sie erfüllt werden, ist mit größerer Unsicherheit verbunden. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Europa. Diese ist in erheblichem Ausmaß von geopolitischen Unsicherheiten, Lieferengpässen, Produktionsschwierigkeiten und zurückhaltenden Konsumenten geprägt. Dieses Umfeld ist bereits ohne steigende Zinsen so herausfordernd, dass eine Eintrübung der wirtschaftlichen Entwicklung und damit einhergehend eine geringere Inflationsrate wahrscheinlich ist. Die Chance, dass die Zinsen weiter steigen, könnte daher schnell wieder sinken.  

Steigende ordentliche Erträge 

Was bedeutet dies nun für den Stiftungsanleger? Die Möglichkeiten, ordentliche Erträge zu erwirtschaften, haben sich signifikant verbessert. Bereits die Renditeanstiege für erstklassige Emittenten sollten perspektivisch zu steigenden Kupons führen. Hinzu kommen die attraktiveren Renditeaufschläge für beispielsweise Unternehmensanleihen. Diese sind aufgrund der wirtschaftlichen Herausforderungen bereits gestiegen und könnten in den kommenden Monaten wieder sehr interessante Niveaus erreichen.  

Insgesamt ein Umfeld, das für zinssuchende Anleger wieder deutlich mehr Opportunitäten aufweist. Jedoch sollten sie nicht darauf hoffen, dass sich die Renditen für risikoärmere Segmente noch weiter deutlich erhöhen werden. Dafür ist der Handlungsspielraum der Zentralbank aufgrund der zunehmenden rezessiven Tendenzen zu sehr eingeschränkt. Die Nullzinsphase scheint vorerst überwunden, aber das Niedrigzinsumfeld wird uns noch eine Zeit lang erhalten bleiben. 

Transparenz

Dieser Artikel ist ein Beitrag unseres Premiumpartners Weberbank. Erfahren Sie mehr über das Partnerprogramm des Bundesverbandes. Bitte beachten Sie dazu auch unseren Transparenzhinweis.

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Diskussion ( 2 )


Die Niedrigzinsphase gilt seit 07.2022 als beendet. Die Risiken der Bondsanleger - z. B. Stiftungen - nehmen jedoch auch in 2023 weiter zu, d. h., signifikante Kursverluste sind vorgezeichnet. Die EZB wird die Leitzinsen weiter auf ein „ausreichend restriktives" Niveau anheben, nur eben in kleineren Schritten. Die EZB kündigte das schrittweise Zurückfahren der mit Ausbruch der Corona-Pandemie erworbenen Anleihebestände an. Bis 06.2023 soll auf diese Weise monatlich 15 Milliarden Euro Liquidität reduziert werden. Alles keine Argumente, weshalb jetzt Anleihen in ein Portfolio gehören. Thema Inflation - und hier hat Frau Silke Harms mit dem Verweis auf die realen Erträge recht -: Die EZB hat ihre Inflationsprognose noch einmal nach oben revidiert. So werden für 2023 6,3 Prozent, für 2024 3,4 Prozent erwartet. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt bei 2,2 Prozent. Die Rendite zweijähriger Anleihen liegt mit 2,49 Prozent zwar über der von zehnjährigen Anleihen, erreicht aber auch keinen "Inflationsschutz".


Meines Erachtens muss man den Blick - gerade auch bei Stiftungen - auf die REALEN Erträge richten ... und diese sind bei Berücksichtigung der aktuellen Inflationsraten aktuell schlechter als in den Zeiten der Null-Verzinsung.

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