Zehn Tipps für wirkungsorientierte Stiftungsarbeit: So erzielen Sie echten Impact

Klimakrise, geopolitische Konflikte, gesellschaftliche Polarisierung und Migration: Die komplexen Herausforderungen unserer Zeit betreffen auch Stiftungen – und die Anforderungen an ihre Wirksamkeit steigen stetig. Wer als Stiftung einen echten Unterschied machen will, muss mehr tun als Projekte zu finanzieren. Es gilt, die eigene Arbeit konsequent auf Wirkung auszurichten, Prozesse zu hinterfragen und das eigene Selbstverständnis weiterzuentwickeln. In seinem Gastbeitrag gibt Florian Hinze (PHINEO) zehn erprobte, praxisnahe Tipps, wie Sie Ihre Stiftung fit für den gesellschaftlichen Wandel machen und nachhaltigen Impact erzielen. 

5 Minuten 05.06.2025
Gastbeitrag von Florian Hinze

1. Verankern Sie Wirkungsorientierung im Selbstverständnis Ihrer Stiftung 

Wirkungsorientierung ist kein Modetrend, sondern Ausdruck professioneller Stiftungsarbeit im 21. Jahrhundert. Machen Sie Wirkung zum zentralen Maßstab Ihres Handelns. Das bedeutet keineswegs, Ihre Identität aufzugeben. Im Gegenteil: Eine eigene Wirkungslogik hilft, den eigenen Stil und die eigene Tradition bewusst zu leben und weiterzuentwickeln. Fragen Sie sich: Welche Ziele wollen wir erreichen? Wie viel Risiko gehen wir bei Förderprojekten ein? Welche Freiräume gewähren wir unseren Partner*innen? Welche Formen interner Kontrolle entsprechen unserem Selbstverständnis? 

Praxisbeispiel: 
Eine traditionsreiche Bildungsstiftung hat ihre Satzung um einen Passus ergänzt, der explizit die Wirkung auf die Zielgruppe als Maßstab für die Förderentscheidung benennt. Das Ergebnis: Die Auswahl der Projekte erfolgt nun systematisch nach ihrer erwarteten gesellschaftlichen Wirkung, nicht nur nach formaler Passung. Als Kriterien für eine erzielte Wirkung könnten beispielsweise Nachweise dienen, dass eine Förderorganisation die Teilnehmenden an Bildungsprogrammen nicht nur nach deren Zufriedenheit mit dem Programm befragt, sondern dass auch konkrete Outcomes erhoben werden. Outcomes könnten sein, dass die Förderorganisation nachweisen kann, dass Teilnehmende tatsächlich neues Wissen erworben haben, dieses Wissen konsequent im Alltagshandeln umsetzen und sich dadurch womöglich ihre Lebenssituation positiv verbessert hat. 

2. Nutzen Sie Wirkung als Motivations- und Legitimationsquelle 

Wirkungsorientierung motiviert nicht nur das Team, sondern legitimiert die Stiftungsarbeit nach außen. Zeigen Sie transparent, wie Ihre Aktivitäten zu gesellschaftlichen Veränderungen beitragen. Das stärkt das Vertrauen in Ihre Stiftung und macht Ihre Arbeit sinnstiftend – für alle Beteiligten. 

Tipp: 
Kommunizieren Sie regelmäßig über Ihre Wirkung – etwa in Jahresberichten, auf Ihrer Website oder in Social Media. Teilen Sie Geschichten von Menschen, deren Leben Sie verändert haben, und machen Sie so Ihre Wirkung erlebbar. Eine Stiftung, die beispielsweise Mentoring-Programme für Schüler*innen mit Fluchtgeschichte anbietet, könnte im Jahresbericht die Geschichte einer jungen Afghanin erzählen, wie diese mithilfe des Programms einen Ausbildungsplatz gefunden hat und nun ihr Leben in Deutschland selbstständig gestalten kann. Auch Zitate und Zahlen, die tatsächliche Veränderungen bei den Zielgruppen belegen, lassen sich in diesem Sinne kommunizieren. 

3. Verstehen Sie Wirkung als Prozess: Von Output zu Outcome zu Impact 

Wirkung entsteht in Stufen: 

  • Output: Was bieten Sie an? (z.B. Workshops, Stipendien, Publikationen) 
  • Outcome: Wie verändert sich das Verhalten oder die Lebenslage der Zielgruppe durch Ihr Angebot? 
  • Impact: Welche positiven Veränderungen bewirken Sie auf gesellschaftlicher Ebene? 

Praxisbeispiel: 
Eine Umweltstiftung fördert Baumpflanzaktionen (Output). Erst wenn die gepflanzten Bäume wachsen und die lokale Biodiversität steigt (Outcome), entsteht ein gesellschaftlicher Mehrwert, etwa ein verbessertes Mikroklima oder ein Rückgang des CO₂-Gehalts (Impact). 

Merke: 
Nur wenn Sie Outcome und Impact im Blick behalten, entfaltet Ihre Arbeit nachhaltige Wirkung. Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Partnern eine explizite Wirkungslogik, die alle Stufen abbildet. 

4. Definieren Sie Vision, Mission und Werte als strategische Basis 

Ihre Wirkungslogik braucht ein tragfähiges Fundament: 

  • Vision: Welchen Idealzustand streben Sie an? 
  • Mission: Was tun Sie konkret, um dorthin zu gelangen? 
  • Werte: Welche Überzeugungen leiten Ihr Handeln? 

Diese Grundpfeiler sollten regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden – denn gesellschaftliche Bedarfe ändern sich. Nur so bleibt Ihre Stiftung relevant und wirksam. 

Fragen zur Selbstreflexion: 

  • Welches Bild haben Sie von der Zukunft? 
  • Was macht Ihre Stiftung besonders? 
  • Wer sind Ihre Zielgruppen? Welche Handlungsansätze verfolgen Sie (Fördertätigkeit, Themenanwaltschaft, Vernetzung, Verbreitung erprobter Ansätze)? 
  • Wer sind Ihre Kooperationspartner*innen? 
  • Auf welche Region fokussieren Sie sich? 

Tipp: 
Führen Sie regelmäßig Strategie-Workshops durch, um Vision, Mission und Werte zu schärfen und an neue gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen. 

5. Formulieren Sie klare, überprüfbare Wirkungsziele 

Setzen Sie sich konkrete, überprüfbare Ziele für jedes Themenfeld, in dem Ihre Stiftung aktiv ist. Diese Ziele sollten sich direkt auf Outcome und Impact beziehen – also darauf, wie Sie die Lebenslage Ihrer Zielgruppen verbessern und gesellschaftlichen Wandel anstoßen. 

Beispiel: 
Statt „Wir fördern Bildung“ könnte ein Outcome-Wirkungsziel lauten: „Wir erhöhen den Anteil von Jugendlichen mit Hochschulzugangsberechtigung in sozial benachteiligten Stadtteilen um 10 % innerhalb von fünf Jahren.“ Das Impact-Wirkungsziel wäre dann „Wir tragen dazu bei, die Bildungsgerechtigkeit in unserer Einzugsregion spürbar zu erhöhen.“ 

Tipp: 
Nutzen Sie die SMART-Kriterien (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert), um Ihre Ziele zu formulieren. 

6. Stellen Sie Wirkungslogik und strategische Ziele ins Zentrum Ihrer Förderentscheidungen 

Fördern Sie nur Projekte, die sich wirkungslogisch darstellen lassen und zu Ihren strategischen Zielen passen. Prüfen Sie: Passt die Wirkungslogik des Projekts zu den Zielen Ihrer Stiftung? Nur wenn beides ineinandergreift, entsteht eine gedeihliche Partnerschaft. 

Praxisbeispiel: 
Eine Stiftung, die soziale Innovationen fördert, prüft bei jedem Antrag per Plausibilitäts-Check, ob die geplanten Maßnahmen tatsächlich zu den gewünschten Outcomes führen können und ob die Projektstrategie nachvollziehbar und realistisch ist. Projekte, die keine klare Wirkungslogik vorlegen, werden abgelehnt. 

Tipp: 
Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Förderpartner*innen eine Fördervereinbarung, die nicht nur Mittelverwendung, sondern auch Wirkungstransparenz und Lernziele regelt. 

7. Setzen Sie auf schlanke, wirkungsorientierte Berichtsanforderungen 

Vertrauen ist die Basis jeder erfolgreichen Förderbeziehung. Vermeiden Sie übermäßige Bürokratie und kleinteilige Nachweise, die Ressourcen binden und Kreativität hemmen. Stattdessen: Fordern Sie Berichte, die Wirkungstransparenz schaffen und die erzielten Resultate in den Gesamtkontext Ihrer Wirkungslogik einordnen. 

Beispiel: 
Eine Stiftung verlangt von ihren Partnern keine monatlichen Mittelverwendungsnachweise, sondern einen jährlichen Wirkungsbericht, der die wichtigsten Ergebnisse und Lernerfahrungen dokumentiert. 

Tipp: 
Nutzen Sie digitale Tools, um Reporting zu vereinfachen und den Austausch zu fördern. So bleibt mehr Zeit für die eigentliche Wirkungsarbeit. 

8. Verstehen Sie Wirkungsorientierung als Qualitätsorientierung 

Wirkungsorientierung ist kein reines Zahlenwerk. Professionelles Stiftungsmanagement bedeutet, Wirkungszusammenhänge zu verstehen und die eigene Arbeit daran auszurichten. Outcome und Impact lassen sich selten exakt quantifizieren. Setzen Sie daher auf eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Indikatoren und akzeptieren Sie, dass gesellschaftliche Veränderungen oft zeitverzögert und nicht immer eindeutig messbar sind. 

Beispiel: 
Eine Kulturstiftung misst nicht nur die Anzahl der geförderten Aufführungen, sondern befragt auch das Publikum zu ihrer Wahrnehmung und dem gesellschaftlichen Mehrwert der Projekte. 

Tipp: 
Ergänzen Sie harte Zahlen durch Erfahrungsberichte, Fallstudien und qualitative Interviews, um ein umfassenderes Bild Ihrer Wirkung zu erhalten. 

9. Wählen Sie sinnvolle Indikatoren für Ihre Förderarbeit 

Gehen Sie über klassische Kennzahlen wie Verwaltungskosten hinaus. Gute Indikatoren sind zum Beispiel: 

  • Die überzeugende Problembeschreibung eines Projekts 
  • Die klare Skizzierung angestrebter Veränderungen 
  • Die Beschreibung der Wirkung bei den Zielgruppen 
  • Eine explizite, nachvollziehbare Projektstrategie 

Warnung: 
Verlassen Sie sich nicht allein auf den „Overhead“ als Effizienzmaß. Eine zu starke Fokussierung auf niedrige Verwaltungskosten kann dazu führen, dass wichtige Strukturen unterfinanziert sind und die Wirkung der Förderprojekte leidet. 

Tipp: 
Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Förderorganisationen ein Set von Indikatoren, das sowohl die Qualität als auch die Wirkung Ihrer Arbeit abbildet. 

10. Lernen Sie aus Erfahrungen und passen Sie Ihre Strategie regelmäßig an 

Wirkungsorientierte Stiftungsarbeit ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Evaluieren Sie Ihre Projekte und Prozesse regelmäßig. Nutzen Sie die gewonnenen Erkenntnisse, um Ihre Strategie, Ziele und Arbeitsweisen weiterzuentwickeln. Bleiben Sie offen für neue Ansätze und Veränderungen – so bleibt Ihre Stiftung auch in Zukunft wirksam und relevant. 

Praxisbeispiel: 
Nach Abschluss eines mehrjährigen Förderprogramms lädt eine Stiftung alle Partner*innen zu einem „Lern- und Reflexionstag“ ein. Gemeinsam werden Erfolge und Misserfolge analysiert, und die Ergebnisse fließen in die künftige Strategie ein. 

Tipp: 
Fördern Sie eine offene Fehlerkultur. Nicht jedes Projekt wird ein voller Erfolg – aber aus jedem lassen sich wertvolle Lehren ziehen. 

Fazit: Wirkung als Haltung und Prozess 

Wirkungsorientierung ist kein starres Korsett, sondern ein Weg zu mehr Professionalität, Motivation und gesellschaftlicher Relevanz. Wer Wirkung in den Mittelpunkt stellt, stärkt nicht nur die eigene Stiftung, sondern trägt aktiv zu einer besseren Gesellschaft bei. Nutzen Sie diese zehn Tipps, um Ihre Stiftungsarbeit nachhaltig zu gestalten – für echten Impact, heute und morgen. 

 

Tipp zum Weiterlesen: Kursbuch Stiftungen – Förderprojekte wirkungsorientiert gestalten. 116-seitiger Praxis-Ratgeber mit Arbeitshilfen. Kostenlos als Print und PDF unter www.kursbuch-stiftungen.de.  

 

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