Mehr Flexibilität, weniger Bürokratie
Was läuft gut im Ehrenamt, was sollte verbessert werden? Diesen Fragen geht eine aktuelle Studie der VNG-Stiftung nach, die den Fokus auf die Region Ost- und Mitteldeutschland legt. Die wichtigsten Ergebnisse – und was daraus folgt
Ehrenamtliches Wirken ist für den Zusammenhalt und das Gemeinwohl unserer Gesellschaft unverzichtbar. Oftmals springt das Ehrenamt in gesellschaftliche Problemzonen ein, übernimmt zunehmend kommunale Aufgaben und trägt damit gerade in politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten zur Stabilität in Städten und Regionen bei. Umso wichtiger ist es, zu wissen, wie es den Engagierten vor Ort geht, was gut läuft im Ehrenamt und was verbessert werden könnte.
Ehrenamt in Ostdeutschland
Die VNG-Stiftung hat daher im Juni 2022 im Rahmen ihrer Engagementplattform „Verbundnetz der Wärme“ eine Befragung mit insgesamt 115 Teilnehmer*innen zum Thema „Ehrenamt in Ostdeutschland“ durchgeführt, um die aktuelle Situation des Ehrenamtes sowie dessen Herausforderungen und Chancen in Ost- und Mitteldeutschland zu beleuchten. Die Stiftung mit Sitz in Leipzig fördert neben sozialem Engagement verstärkt auch Projekte im Wissenschafts- und Bildungssektor, Kunst- und Kulturbetrieb sowie im Sport.
Dass der Fokus der Befragung auf den neuen Bundesländern lag, hatte zwei Gründe: Einerseits die regionale Verbundenheit der VNG-Stiftung, welche die gesellschaftlichen Aktivitäten des in Leipzig ansässigen Energieunternehmens VNG AG bündelt. Und andererseits das Wissen darum, dass es im Ehrenamt regionale Unterschiede gibt.
Mit der Befragung wollten wir nicht nur herausfinden, wie wir als Stiftung das Ehrenamt in Ost- und Mitteldeutschland bedarfsgerecht unterstützen können. Es ging uns auch darum, die Ergebnisse der Befragung in Foren wie etwa dem Deutschen Stiftungstag in den Diskurs zu bringen und konkrete Handlungsempfehlungen zu formulieren.
Erkenntnisse
Im Ergebnis hat die Studie zwei zentrale Probleme des Ehrenamts vor Augen geführt: Zum einen die Vereinbarkeit ehrenamtlicher Aktivitäten mit Familie und Beruf. Gerade junge Menschen sind im Alltag stark eingebunden und scheuen deshalb davor zurück, sich langfristig an ein Ehrenamt zu binden. Hierbei könnten niederschwellige und kurzfristige, projektbezogene Zusammenarbeitsmodelle mit Vereinen helfen.
Zum anderen macht die Studie deutlich, dass viele Ehrenamtliche die bürokratischen Prozesse bei der Förderantragsstellung als zu aufwendig und kompliziert erleben. Ein möglicher Lösungsansatz wäre, ehrenamtliche Erfahrungen und Perspektiven bereits bei der Erstellung und Gestaltung von Förderanträgen einzubeziehen.
Handlungsempfehlungen
Aus dieser Bestandsaufnahme der Situation des Ehrenamts in Ost- und Mitteldeutschland wurden folgende Handlungsempfehlungen entwickelt:
Es zeigt sich: Um den Problemen zu begegnen, vor die sich freiwillig Engagierte gestellt sehen, benötigt das Ehrenamt unter anderem beweglichere Strukturen sowie fachliche Begleitung und Unterstützung im Professionalisierungsprozess und in der Absicherung von personellen und finanziellen Ressourcen.
Was folgt daraus für Stiftungen?
Die Umfrage macht deutlich, dass konkret Stiftungen einen Beitrag zur Stärkung des Ehrenamtes in Ost- und Mitteldeutschland leisten können, indem sie Vereine auch kommunikativ unterstützen. Wir als VNG-Stiftung tun dies, indem wir aktuelle Themen und Bedürfnisse des Ehrenamtes ad hoc aufgreifen und innerhalb unserer Netzwerke immer wieder ins Gespräch bringen.
Als Stiftungen sind wir in dieser Rolle umso wirkungsvoller, je mehr wir unser Stiftungsnetzwerk gemeinsam öffnen und je enger wir projektbezogen zusammenarbeiten. Viele Stiftungen sind wie wir untereinander bereits gut vernetzt. So pflegen wir als VNG-Stiftung beispielsweise enge Beziehungen zum Bundesverband Deutscher Stiftungen, dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) und der Bundesinitiative „Unternehmen: Partner der Jugend“ (UPJ) sowie auch zu regionalen Verbänden wie etwa dem Netzwerk Leipziger Stiftungen, das sich in diesem Jahr neu gegründet hat.
Dialog und Austausch
Wir sind davon überzeugt, dass es auch jenseits finanzieller Unterstützung viele Möglichkeiten gibt, das Ehrenamt zu stärken, etwa durch die Förderung einer breiten Anerkennungskultur für das Ehrenamt, wie sie die VNG-Stiftung seit 21 Jahren mit ihrem „Verbundnetz der Wärme“ lebt. So unterstützen wir mit unserer Engagementplattform Vereine und gemeinnützige Initiativen mit Wissenstransfer sowie Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit und regen zum Mitgestalten und Erfahrungsaustausch an. Mit der jährlichen Vergabe des Engagementpreises an fünf Vereine leistet die VNG-Stiftung zudem finanzielle Unterstützung für Projekte, die sich durch ein besonders hohes Maß an Innovation, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit auszeichnen.
Dialog und Austausch, verbunden mit dem Ziel, ein hohes Maß an Partizipation seitens vieler Partner und Akteur*innen zu ermöglichen, die sich für eine Förderung im sozialen und kulturellen Bereich sowie im Sektor Bildung/Wissen und Sport stark machen, ist der VNG-Stiftung ein wichtiges Anliegen. Daher freuen wir uns darauf, mit möglichst vielen Stiftungen zu verschiedenen Themen ins Gespräch zu kommen.
Über die VNG-Stiftung
Stiftungskapital: 15 Millionen Euro
Gründungsjahr und -sitz: 2009, Leipzig in Sachsen
Wirkungskreis: Ost- und Mitteldeutschland
Schwerpunkte: Förderung von nachhaltigen und innovativen Projekten im sozialen Bereich, im Bildungs- und Wissenschaftssektor, im Sport sowie im Kunst- und Kulturbetrieb sowie im Ehrenamtsbereich
Hochschulkooperationen: Unterstützung von Studierenden mit Stipendien, Forschungsarbeiten in den Themen Rohstoffe, Wasserstoff sowie KI-Lösungen, Vortrags- und Seminarreihen zu Fachthemen
Ehrenamtsprojekt: Engagementplattform „Verbundnetz der Wärme“
Über die Studie „Ehrenamt in Ostdeutschland“
Methodik: Online-Befragung (115 Teilnehmer*innen) mit sich anschließenden acht Tiefeninterviews
Zeitraum und Umsetzung: Juni 2022 in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Unternehmen CONOSCOPE
Teilnehmer*innen: Vereine/Initiativen, Stiftungen, Freiwilligenagenturen, Förderbanken sowie kommunale Vertreter*innen
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