Das Maler-Dreigestirn von Solingen
Zu Beginn der 1920er-Jahre entstand in Solingen die Künstlerkolonie „Schwarzes Haus“, die auf Antrag der Bettina Heinen-Ayech Foundation jüngst als „Partner Member“ in die „European Federation of Artists“ aufgenommen wurde. Doch die Stiftung hat noch viel mehr vor.
Die Künstlerkolonie „Schwarzes Haus“ verdankt ihre Entstehung dem Engagement und der Anziehungskraft von Intellektuellen und Freigeistern, zuallererst dem Wirken einer sehr gebildeten, selbstbewussten Frau, Erna Heinen-Steinhoff (1898-1969), die als Muse der Künste in Solingen zu Anbeginn der 1920er-Jahre einen literarischen Salon in der Manier des 19. Jahrhunderts schuf.
Sie pflegte und entfaltete einen Treffpunkt für Malerinnen, Literaten, Musikerinnen und Intellektuelle. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Wirtschaftsjournalisten und kunstsinnigen Lyriker Hanns Heinen (1895-1961), wurde sie zu einer bedeutenden Förderin der Künste.
Zu den literarisch tätigen Protagonisten des „Schwarzen Hauses“ kamen im Laufe der Jahre noch drei Maler hinzu: Erwin Bowien (1899-1972), Bettina Heinen-Ayech (1937-2020) und Amud Uwe Millies (1932-2008). Gemeinsam bildeten die drei malenden Akteure der Kolonie das „Maler-Dreigestirn“ von Solingen. Entgegen dem damals herrschenden Zeitgeist, der im Gefolge der klassischen Moderne die Abstraktion begünstigte, malte dieses „Dreigestirn“ gegenständlich. Zum Einsatz kamen Ölfarben, Pastellkreide und Aquarellfarben. Sie schufen Porträts, Landschaften, Stadtansichten und hielten Szenerien des Alltags bildhaft fest.
Gegenständlich wider den Zeitgeist
Alle malenden Künstlerkolonisten waren Vertreter der sogenannten „Pleinair-Malerei“, also des Malens unter freiem Himmel. Die Künstler suchten das Licht und interpretierten – jeder nach seinem Duktus – darstellerisch einen Ausschnitt der Natur. Gemalt wurde immer vor Ort, um das Gesehene vollständig einfangen zu können und das jeweilige Licht und die Atmosphäre in ihrer Gesamtheit unmittelbar festzuhalten.
Überzeugte Europäer und Weltbürger
Doch nicht nur künstlerisches Schaffen prägte den Geist der Künstlerkolonisten. Der erste Maler der Künstlerkolonie, Erwin Bowien, war ein überzeugter Europäer, lange bevor die Idee populär wurde, und somit seiner Zeit weit voraus. Er hatte immer den internationalen Dialog und das Miteinander über Landes- und kulturelle Grenzen hinweg im Blick, gerade auch in den damaligen unruhigen Zeiten, die von Exil, Vertreibung und Krieg gekennzeichnet waren. Bereits seit dem Ende des Ersten Weltkriegs träumte er von einem geeinten und friedlichen Kontinent.
Seine wichtigste Schülerin, Bettina Heinen-Ayech, begegnete 1960 in Paris ihrem späteren Ehemann, dem algerischen Bauunternehmer Abdelhamid Ayech. 1963 zog sie, nach einem halbjährigen Aufenthalt in Ägypten, mit ihm in dessen algerische Heimatstadt Guelma und wurde im Laufe der knapp 60 Jahre, die sie dort wirkte, zu einer der bekanntesten Künstlerinnen des Landes.
Der Kontakt mit dem „Schwarzen Haus“ riss aber nie ab, da Bettina konsequent die Sommermonate dort verbrachte. So lebte sie dann ab den sechziger Jahren abwechselnd zwischen Deutschland und Algerien und hatte viele Schüler in der arabischen Welt. Auch ihr war es ein großes Anliegen, Kulturen einander näherzubringen, in ihrem Fall waren es natürlich Orient und Okzident. Auch Amud Uwe Millies wollte auf seinen Malreisen das Leben und die Kultur ferner Länder, insbesondere Indien, Nepal, Sri Lanka, Thailand und Indonesien, kennen und verstehen lernen, und war bestrebt, Teil des Weltbürgertums zu sein.
Museum in Planung
Die Bettina Heinen-Ayech Foundation hat als Träger das Projekt „Museum Künstlerkolonie ‚Schwarzes Haus‘ Solingen“ ins Leben gerufen. Sie versteht sich als Wegbereiterin zur Schaffung eines Präsentations-, Begegnungs- und Dokumentationsortes, um das Wirken und die Werke der damaligen Künstlerkolonisten zu bewahren. Die Besucher sollen das Leben und die Intentionen der Protagonisten der Künstlerkolonie kennenlernen. Das geplante Museum soll neben den Arbeiten der Künstlerkolonisten auch befreundete Literaten, Bildhauer und Künstler vorstellen, die dem „Schwarzen Haus“ nahestanden. Zudem können Sonderausstellungen anderer Künstler das Ausstellungsspektrum erweitern.
Durch günstige Umstände steht die historische Liegenschaft im Solinger Stadtteil Höhscheid, in welcher die Künstlerkolonie ihre Ateliers unterhielt, für dieses Museumsprojekt zur Verfügung. Das Ensemble besteht aus zwei Fachwerkhäusern, dem sogenannten „Schwarzen“ und „Roten“ Haus, und könnte mit einem Verbindungstrakt um moderne Museumsräume erweitert werden und zu einem Museumskomplex verschmelzen. Erste Konzepte und Pläne für das geplante Museum wurden bereits erstellt. Dieses Projekt ist für die Bettina Heinen-Ayech Foundation eine große Herausforderung für die kommenden Jahre und eine bedeutende Aufgabe, die der Unterstützung und Mithilfe vieler Freunde und Förderer sowie Sponsoren bedarf.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin ist der Stiftung bereits gelungen. So wurde die Solinger Künstlerkolonie „Schwarzes Haus“ auf ihren Antrag hin als „Partner Member“ in die „European Federation of Artist Colonies“ (euroart) aufgenommen – eine Auszeichnung von europäischer Dimension. Dadurch entsteht auf europäischer Ebene eine kulturelle Bedeutung und eine öffentlichkeitswirksame Sichtbarkeit, welche die Stadt Solingen und die Regionen Bergisches Land und Rheinland bereichern. Ein Museum Künstlerkolonie „Schwarzes Haus“ Solingen als Präsentations-, Begegnungs- und Dokumentationsort könnte nun ein wichtiger Impuls für die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Solingen und der Region werden.
Über die Bettina Heinen-Ayech Foundation
Die „Bettina Heinen–Ayech Foundation – Stiftung für Kunst, Kultur und internationalen Dialog“ ist eine gemeinnützige Stiftung nach deutschem Recht, die sich dem Vermächtnis der Protagonisten der Künstlerkolonie des „Schwarzen Hauses“ im bergischen Solingen verschrieben hat. Mehr unter: www.bettina-heinen–ayech-foundation.com
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