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Sieben auf einen Streich

In diesen Tagen tritt die lang erwartete Reform das Stiftungsrechts in Kraft. Zwei Expert*innen erläutern verschiedene Aspekte, die Stiftungsverantwortliche spätestens jetzt kennen sollten.

1.  Evolution statt Revolution

Zum 1. Juli 2023 treten eine Reihe von neuen Vorschriften in Kraft, die auch für alle bestehenden rechtsfähigen Stiftungen gelten. Vom Kopf auf die Füße wird die Rechtsform damit aber nicht gestellt. Auch zukünftig sind Stiftungen rechtliche Vehikel, die mittels Vermögen und Verwaltungsorganisation bestimmte Zwecke verfolgen – ohne Existenz von Mitgliedern oder Inhabern, jedoch unter dem Schutz einer staatlichen Stiftungsaufsicht. Außerdem kann eine Stiftung weiterhin unter Nutzung hoher Gestaltungsspielräume auf unbestimmte Zeit oder nun alternativ ganz explizit als zeitlich begrenzte Verbrauchsstiftung errichtet werden.

2.  Vereinheitlichung des Stiftungsprivatrechts …

Die Reform trägt vor allem dem Anliegen des Gesetzgebers Rechnung, das Stiftungsprivatrecht, also alle stiftungszivilrechtlichen Themen (v.a. Vermögen, Haftung, Vertretungsbefugnis), einheitlich und abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu regeln. Da sie nunmehr zu reinen „Aufsichtsgesetzen“ werden, dürfte die Bedeutung der 16 Landesstiftungsgesetze tendenziell schwinden – mit ihr aber auch die bundesweit zersplitterte Rechtslage, die seit Langem beklagt wird.

3.  … und das Schicksal des Landesrechts

Indes wurde ein Schlupfloch gelassen: Durch Landesrecht kann vorgesehen werden, dass die Stiftungsbehörden auf Antrag einer Stiftung für einen bestimmten Teil des Grundstockvermögens eine zeitlich begrenzte Ausnahme von der Vermögenserhaltungspflicht zulassen können, wenn dadurch die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht beeinträchtigt wird (§ 83c Abs. 3 BGB). Übrigens ist absehbar, dass nicht alle Länder ihre Stiftungsgesetze bis zum 01.07.2023 um die bisherigen stiftungsprivatrechtlichen Inhalte bereinigen. Sollten in diesen Fällen Landesrecht den neuen BGB-Bestimmungen widersprechen, ist es unwirksam, denn es gilt: „Bundesrecht bricht Landesrecht“.​​​​

4.  Strukturänderungen

Dem Gedanken der Vereinheitlichung folgend sind anders als bislang die Voraussetzungen für Strukturänderungen (Satzungsänderungen, Zu- und Zusammenlegungen, Umgestaltung in Verbrauchsstiftung) bis hin zur Beendigung nunmehr allesamt im BGB enthalten. Freilich bleibt abzuwarten, wie die damit befassten Stiftungsbehörden der Länder die neuen Voraussetzungen handhaben, da diese Strukturänderungen stets genehmigen müssen.

5.  Umschichtungsgewinne

Nach Inkrafttreten der Reform zählt zum Grundstockvermögen nicht nur das „gewidmete Vermögen“ plus Zustiftungen, sondern auch „das Vermögen, das von der Stiftung zu Grundstockvermögen bestimmt wurde“. Letzteres kommt in Betracht, wenn Umschichtungsgewinne erzielt, also etwa stille Reserven bei der Veräußerung von Grundbesitz gehoben wurden.

Solche „außerordentlichen Erträge“ dürfen nach der Reform jedoch auch ohne entsprechende Regelung in der Satzung für die Zweckerfüllung verwendet, also zum Beispiel unmittelbar zur Finanzierung von Projekten und Programmen einer Stiftung eingesetzt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dies durch die Satzung ausgeschlossen wurde oder der Erhalt des Grundstockvermögens nicht gewährleistet ist.

6.  Der sichere Hafen: Business Judgement Rule

Die Mitglieder der Stiftungsorgane haben bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers anzuwenden. Dazu ist nun neu ausdrücklich im BGB vorgesehen, dass eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn das Mitglied des Organs bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln (sog. Business Judgement Rule).

Für die Fahrt in diesen „sicheren Hafen“ ist es folglich umso wichtiger, das richtige Tuch für die Segel zu wählen und diese dann richtig zu setzen. Mit anderen Worten: Vor allem gilt es, die Entscheidungsfindung zu „professionalisieren“ und zu dokumentieren. Diesbezüglich ist es hilfreich, die Grundsätze ordnungsgemäßer Ermessenausübung zu beachten und das Entstehen von Interessenkonflikten zu vermeiden.

7.  Kein Ende in Sicht: Stiftungsregister und Evaluation

Für viele Befürworter der Reform knallen spätestens zum 1.1.2026 die Korken: Dann kommt das Stiftungsregister, das erstmals für eine Publizität der Vertretungsverhältnisse im Stiftungsrecht sorgen wird und die bislang lästige Handhabung mit Vertretungsbescheinigungen ad acta legen dürfte.

Schließlich könnte die Reform fortgesetzt werden, zumal die neuen Vorschriften zum 1.7.2027 und diejenigen zum Stiftungsregister zum 1.1.2031 evaluiert werden sollen. Die Protagonisten des Sektors haben also noch genug Gelegenheit, sich für weitere Verbesserungen stark zu machen!

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