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Eine Chance für mehr Transparenz

Mitte Juni ist das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten. Es gilt auch für Stiftungen, die mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigen. Die wichtigsten Bestimmungen im Überblick

Beschäftigte in Stiftungen nehmen Missstände bei ihrem Arbeitgeber oftmals als Erste wahr. Ihre Hinweise können dafür sorgen, dass Rechtsverstöße aufgedeckt, untersucht, geahndet und unterbunden werden. Der Schutz vor Benachteiligungen und Repressalien, die ihnen wegen ihrer Meldung drohen oder die sie möglicherweise davon abhalten, einen Missstand zu melden, ist essenziell.

Ab Mitte Juni gilt das Hinweisgeberschutzgesetz für Stiftungen hierzulande. Der nachfolgende Beitrag soll einen ersten Überblick über die neuen Regelungen bieten, insbesondere über das interne Meldesystem, das Stiftungen mit mehr als 50 Beschäftigten nun fristgerecht umsetzen müssen.

Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens

Die Koalitionsparteien haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die sogenannte EU‐Whistleblower‐Richtlinie rechtssicher und praktikabel umzusetzen. Mit rund eineinhalb Jahren Verspätung ist das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ nach langem Hin und Her im Mai 2023 verabschiedet worden.

Die EU-Richtlinie ((EU) 2019/1937) hätte eigentlich bis zum 17. Dezember 2021 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Die EU-Kommission hatte im Januar 2022 Deutschland vergeblich zur Umsetzung der Richtlinie aufgefordert. Im Februar 2023 hatte die Kommission deshalb Klage beim Europäischen Gerichtshof unter anderem gegen Deutschland eingereicht. Nach diversen Anpassungen ist das Gesetz nun Mitte Juni 2023 in Kraft getreten.

Das sogenannte Whistleblower-Schutzgesetz regelt offiziell den Umgang mit Meldungen über Missstände in Behörden, Unternehmen und auch Stiftungen. Das Gesetz macht  insbesondere konkrete Vorgaben zu Verfahren und Vertraulichkeit der Meldungen und Maßnahmen zum Schutz der hinweisgebenden Personen vor Repressalien wie Kündigung, Versagung einer Beförderung, geänderte Aufgabenübertragung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung oder Mobbing, Nichtverlängerung von befristeten Arbeitsverträgen. Es enthält aber auch Regelungen, was Haftung, Schadensersatz und Bußgelder im Falle bewusst falscher Angaben betrifft.

Im nun abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren wurde das Gesetz gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf an einigen Stellen deutlich abgeschwächt: So wird insbesondere auf eine Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen, bewusst verzichtet. Es wird nur noch empfohlen, dass die Stellen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten sollten.

Dass nunmehr keine Pflicht besteht, anonyme Meldungen zu ermöglichen, ist begrüßenswert. Denn eine solche Pflicht hätte auf Seiten der Beschäftigten vermutlich die Hemmschwelle gesenkt, falsche Informationen zu verbreiten. Insofern wird durch den Verzicht auf die ursprünglich vorgesehene Regelung das Missbrauchsrisiko, das dem Hinweisgeberschutzsystem innewohnt, minimiert. Auch gilt das Gesetz nun nur noch für Informationen über Verstöße, die sich auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle, mit der die hinweisgebende Person beruflich im Kontakt stand, beziehen.

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst auf erster Stufe Behörden und Unternehmen, die mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigen. Darunter fallen auch Stiftungen mit entsprechender Beschäftigtenzahl. Bis Endes dieses Jahres müssen diese eine entsprechende Stelle eingerichtet haben. Betroffene Organisationen ab 250 Mitarbeitern trifft eine sofortige Umsetzungspflicht ab Inkrafttreten des Gesetzes.

Zusätzlich will der Bund eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz errichten. Die Länder können eigene externe Meldestellen einrichten. Eine Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen, besteht, anders als ursprünglich vorgesehen, weder für interne noch für externe Meldestellen. Anonyme Meldungen sollen nunmehr lediglich Gehör finden.

Der sachliche Anwendungsbereich erstreckt sich insbesondere auf straf- und bußgeldbewehrte Verstöße zum Beispiel im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung oder Verstößen gegen das Mindestlohngesetz. Dabei muss die Wahrung der Vertraulichkeit des Hinweisgebers und der von der Meldung betroffenen Personen stets gewährleistet sein.

Ferner müssen die Dokumentationspflichten eingehalten werden. Diese umfassen auch die Pflicht, die Dokumentation drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen. Eine längere Aufbewahrung ist nur erlaubt, sofern dies erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Meldung muss schriftlich oder mündlich erfolgen können.

Meldekanäle und Verfahren bei internen Meldungen

Die Meldekanäle müssen so ausgestaltet sein, dass nur Personen, die zur Entgegennahme berechtigt sind, Zugriff auf die eingehenden Meldungen haben. Interne Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher (zum Beispiel per Telefon) oder in Textform (idealerweise durch ein eigenes Postfach) ermöglichen (vgl. § 16 Abs. 3 HinSchG).

Es bietet sich an, dass die Person, welche die Meldungen bearbeitet, der Compliance Officer ist, sofern es in der Stiftung einen solchen gibt. Ansonsten kann jeder fachlich kompetente und weisungsfreie Mitarbeiter diese Stelle ausfüllen (vgl. § 15 Abs. 1 und 2). Die Weisungsfreiheit ist insbesondere erforderlich, damit die Stelle interne Untersuchungen eigenständig durchführen kann (vgl. § 18 Nr. 1 HinSchG). Zwar existiert weiterhin keine Pflicht, anonyme Meldekanäle vorzuhalten, dies ist aber gleichwohl empfehlenswert.

Bei einer internen Meldung empfiehlt sich nach § 17 Abs. 1 HinSchG das folgende Vorgehen:

  1. Der hinweisgebenden Person den Eingang der Meldung bestätigen (spätestens nach sieben Tagen)
  2. Prüfen, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich (§ 2 des Gesetzes) fällt
  3. Mit der hinweisgebenden Person Kontakt halten
  4. Die Stichhaltigkeit der Meldung prüfen und ggf. weitere Informationen anfragen
  5. Anschlussmaßnahmen ergreifen wie ggf. eine interne Untersuchung oder Verweisung an die zuständige Behörde
  6. Dem Hinweisgeber spätestens drei Monate nach Eingang der Meldung eine Rückmeldung über die ergriffenen Maßnahmen bzw. das weitere Vorgehen geben

Fazit und Ausblick

Schon jetzt gibt es zahlreiche Stimmen, die der Auffassung sind, dass Unternehmen und Stiftungen aktuell bereits genug Unsicherheiten, Belastungen und vor allem Bürokratie ausgesetzt seien. Richtig ist, dass die Umsetzung des Gesetzes in der Praxis zunächst einmal einen administrativen Mehraufwand bedeutet. Dieser sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem Hinweisgeberschutzgesetz wichtige Ziele erreicht werden. Hinweisgeber sind eine wichtige Informationsquelle, und ein hohes Schutzniveau kann die Meldebereitschaft fördern und damit zu mehr Transparenz führen.

Neben der Möglichkeit, frühzeitig auf Missstände in der eigenen Organisation aufmerksam gemacht zu werden und so mögliche Haftungsansprüche und Imageschäden zu vermeiden, bietet das Gesetz insbesondere einen Rechtschutz für alle hinweisgebenden Personen sowie einen Vertrauensschutz durch diskrete Behandlung der Identität und der Meldung hinweisgebender Personen. Arbeitnehmer werden zudem durch das Verbot von ungerechtfertigten Benachteiligungen wie Kündigung oder Abmahnung geschützt.

Literaturhinweis:

Patrick Bruns, Das neue Hinweisgeberschutzgesetz, Neue Juristische Wochenschrift 23/2023, 1609 ff.

Über den Autor

Diskussion ( 1 )


Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe mit einigen Mitstreitern die Möglichkeit genutzt und Missstände, genauer gesagt Spendenfehlmittelverwendung im größeren Stil, an eine Stiftungsaufsicht gemeldet. Vorausgegangen sind versuchte Aussprachen mit dem Vorstand, welche als Ergebnis Mobbing und Entlassungen von Mitarbeitern mit sich brachten. Der Vorstand wurde seitens der Aufsicht jedoch abberufen und mit einem sofortigen Tätigkeitsverbot belegt. Leider hat man weder das Kuratorium in dieser Sache berücksichtigt, in dem die Mehrheit mit Compliance-Themen behaftet war und daher sehr loyal zum abberufenen Vorstand war/ist. Die Interimsgeschäftsführung aus den eigenen Reihen, zwei unbedarfte lenkbare Mitarbeiterinnen, haben uns innerhalb von 48 Stunden fristlos gekündigt, die Arbeitsgerichtsprozesse laufen und wurden gerade auf 2024 verschoben. Wir haben neben finanziellen Verlusten unsere Jobs, Vertrauen verloren und werden weiterhin bei jeder sich bietenden Möglichkeit diffamiert und als Putschisten bezeichnet, ja sogar als Störenfriede. Unterstützung erhielten wir von keiner Seite. Die Behörden arbeiten zu langsam oder sind bis dato bei den zahlreichen Fakten noch im Schlafmodus. Erst durch Berichte des Stern / Stern TV kam eine gewisse Rehabilitation zu unseren Personen in Gang. Aus dem inneren Kreis gibt es keine Neuaufstellung, Aufarbeitung oder einen Neuanfang innerhalb der Stiftung, handelnde Personen sind dem abberufenen Vorstand sehr loyal und dieser agiert mit anderen Geschäftsmodellen im Hintergrund und setzt sich demnächst in den Förderverein der Stiftung ab. Alles läuft weiter.....nur wir sind die Verlierer und müssen uns überall erklären. Wir Hinweisgeber sind der Meinung, dass dieses Hinweisgeberschutzgesetz nicht so umgesetzt werden kann wie beabsichtigt. Es werden Wege gefunden, um solche „Mitarbeiter“ loszuwerden ... sie sind einfach nicht tragbar und ‚Ratten‘ im Unternehmen. Arbeitsgerichtsprozesse müssen privatrechtlich getragen werden etc., auch Außenstände, Lohnfortzahlungen und andere Dinge, das kann Jahre dauern. Offensichtlich reichen Gesetzgebungen nicht aus, um nach Meldung von Missständen auch betriebliche Neuanfänge oder Bereinigungen umzusetzen. Sonst macht das ja alles keinen Sinn. Wir haben dafür teures Lehrgeld bezahlt. Hochachtungsvoll Simone Herrmann Ehemalige Mitarbeiterin der Tierschutzliga Stiftung Tier und Natur

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